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Geldgeschichte V - Von 1871 bis 1945

Das Deutsche Reich war 1871 nach dem deutschen Sieg über Frankreich entstanden. Endlich war es gelungen, das zersplitterte Territorium Deutschlands zu einen. Damit stand nun auch die Einigung des Geldwesens oben auf der Tagesordnung. »Die Münzzustände gehörten zum ersten, was die Reichsregierung sich zu reformieren vornahm«, schreibt Herbert Rittmann in »Auf Heller und Pfennig«. Doch: »Bei der Neugestaltung des deutschen Geldwesens gab es eine große Frage. Es war nicht die, ob ihm das preußische Münzwesen in der einen oder anderen Form zugrunde liegen würde. Diese Frage war im Grunde schon 1857 entschieden worden. Es war die Frage, ob die neue Währung Silberwährung oder Goldwährung werden solle.«

In England gab es den Goldstandard im Münzwesen bereits seit dem 18. Jahrhundert, und auch in Frankreich herrschte um 1870 faktisch die Goldwährung vor. Sowohl das Pfund Sterling als auch die 20-Franc-Münze waren im 19. und zum Beginn des 20. Jahrhunderts regelrechte Welthandelsmünzen. Es lag also nahe, auch im Deutschen Reich eine Goldwährung einzuführen, zumal Gold seit der Entdeckung der kalifornischen und etwas später auch der australischen Vorkommen wohlfeil zu haben war. Außerdem erhielt Deutschland als Reparation von Frankreich die enorme Summe von fünf Milliarden Francs in Gold. Damit war die Entscheidung für eine Goldwährung in Deutschland geschaffen. Da die deutsche Bevölkerung noch immer dem Papiergeld mißtraute, mußte es schon eine reine Goldumlaufswährung sein, das heißt, keine Währung mit in Gold einlösbaren Banknoten wie in Frankreich und England. (Goldwährungen gab es damals auch noch in Rußland und den Vereinigten Staaten.) Am 21. März 1871 konstituierte sich in Berlin der Deutsche Reichstag. Bereits am 4. Dezember 1871 erläßt er das erste Münzgesetz des Deutschen Reiches. Der Reichstag entscheidet einerseits für die Goldwährung, andererseits führt er die Mark zu 100 Pfennig ein. Die reichseinheitliche Währung Mark zu nennen, war eine Referenz an die Stadt Hamburg und an die traditionsreiche, bereits 1619 gegründete Hamburger Bank. Diese wird übrigens 1875 Zweigstelle der Reichsbank. Nach dem Vorbild der Hamburger Bank führt die Reichsbank 1876 endlich mit dem Giroverkehr den deutschlandweiten bargeldlosen Zahlungsverkehr von einem Bankplatz zum anderen ein (Reichsbankgiroverkehr, dessen wesentlichste Merkmale auch nach dem Zweiten Weltkrieg im bundesdeutschen System der Landeszentralbanken erhalten geblieben sind).

Die Reichbank ging aus der Preußischen Bank hervor und wurde 1876 gegründet. »Gleichzeitig mit der Entwicklung, die zur Gründung der Reichsbank führte, entstanden im privaten Bankwesen durch Konzentrationsprozesse die ersten Filialnetze, die sich auch für den Zahlungsverkehr nutzen ließen. Auch der Aufbau und die Entwicklung der Gironetze des Sparkassensektors und der genossenschaftlichen Bankengruppe nahmen in dieser Zeit ihren Anfang« (Obst / Hintner: »Geld-, Bank- und Börsenwesen«).

Diese Entwicklungen, die der Reichsbankgründung zuvorliefen, hatten teilweise auch erhebliche krisenhafte Merkmale. Nach der Reichseinigung gab es einen beispiellosen Boom auf dem deutschen Kapitalmarkt. Zwischen 1871 und 1873 wurden 857 Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital von insgesamt etwa drei Milliarden Mark gegründet. In dieser »heißen Phase« entstehen auch Großbanken wie die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Commerzbank, also die heute in Deutschland und zum Teil sogar weltweit führenden Geldinstitute. Die überhitzte Entwicklung endet jäh mit dem Gründerkrach von 1873. Es kommt zu Börsenkrächen, und Unternehmen fallen zusammen wie Kartenhäuser. 127 Aktiengesellschaften müssen liquidiert werden. Zum ersten Mal wird dabei deutlich, wie eng die Verflechtungen zwischen der Kreditwirtschaft und den übrigen Wirtschaftszweigen mittlerweile sind. Wie hatte John Stuart Mill in seinem Aufsatz über die Aufgaben des Kredits geschrieben? »Der Kredit ist an sich keine produktive Macht, wenngleich ohne ihn die schon vorhandenen produktiven Kräfte nicht zur vollen Anwendung gelangen könnten. Ein mehr verwickelter Teil der Theorie des Kredits ist sein Einfluß auf die Preise, - die hauptsächliche Ursache der meisten Erscheinungen in der Handelswelt, wodurch die Beobachter in Verwirrung gebracht werden.« (John Stuart Mill war ein englischer Philosoph und Politökonom und lebte von 1806 bis 1873.) Der Gründerkrach verstärkte die Verwirrung noch, weil er zeigte, wie tief sich der Kredit in die produktive Sphäre hineingefressen hatte, ja wie er scheinbar selbst zur produktiven Macht geworden war. Das Münzgesetz von 1871 hatte die Weichen gestellt. Mit dem Münzgesetz vom 9. Juli 1873 begann eine umfassende Münzreform, die bis in das Jahr 1878 reichte (der Vereinstaler galt sogar bis 1907 als Dreimarkstück weiter). An die Stelle aller Landeswährung trat die Reichsgoldwährung mit Stücken zu fünf, zehn und zwanzig Mark; Silber wird nur noch als Material für die Kleinmünzen zugelassen. Die Vorderseite jeder Münze zeigte den Reichsadler, den Nennwert und den Schriftzug »Deutsches Reich« sowie die Jahreszahl. Das Revers trug das Konterfei des Landesherren des Landes oder das Wappen der Freien Stadt, wo die Münze geprägt wurde. Jeder Münzstätte, die im Auftrag und für Rechnung des Reichs prägte, wurde ein Buchstabe zugewiesen: A für Berlin, B für Hannover (1938 bis 1945 Wien), C für Frankfurt/Main, D für München, E für Dresden, F für Stuttgart, G für Karlsruhe, H für Darmstadt, J für Hamburg. Einige dieser Münzen sind noch heute im Auftrag der Bundesregierung als Prägestätten in Betrieb.

Neben den Goldmünzen wurden im Zuge der Münzreform auch Silbermünzen zu fünf, zwei und einer Mark sowie zu 50 und 20 Pfennig eingeführt, Nickelmünzen zu zehn und fünf Pfennig und Kupfermünzen zu zwei und einem Pfennig. Von den Stücken der Goldwährung bewährte sich die 5-Mark-Münze nicht. 1900 wurde sie eingezogen. Und auch das 20-Pfennig-Stück setzte sich nicht durch. Es verschwand, bis die DDR 1969 wieder eine solche Münze einführte. Im Jahre 1874 beginnt mit dem Gesetz über die Ausgabe von Reichskassenscheinen die Einführung von einheitlichem Papiergeld für das gesamte Reich. Für dieses Papiergeld gibt es jedoch keinen Annahmezwang. Die Noten haben Werte zu fünf, zwanzig und fünfzig Mark, und erst nach der Bildung der Reichsbank 1876 kommen auch Scheine für 100 und 1000 Mark in Umlauf.

Die Reichsbank hatte jedoch keineswegs das Monopol auf die Ausgabe von Banknoten, wie man es heute von der Bundesbank kennt. Mit dem Bankgesetz vom 14. März 1875 wurden neben der Reichsbank auch die fortexistierenden bisherigen regionalen Notenbanken als sogenannte Privatnotenbanken anerkannt. Wegen strikter Beschränkungen ihrer Rechte wandelten sich die meisten Privatnotenbanken zu reinen Geschäftsbanken. Bis zum Ersten Weltkrieg waren nur vier Privatnotenbanken übrig: die Badische Notenbank in Mannheim, die Bayerische Notenbank in München, die Sächsische Notenbank in Dresden und die Württembergische Notenbank in Stuttgart. 1924 wurde für diese noch immer existierenden Banken das Privatnotenbankengesetz erlassen. Das Notenausgabemonopol erhielt die Reichsbank endgültig erst 1936. In diesem Jahr wurden alle von den Privatnotenbanken ausgebenen Scheine eingezogen, sie mußten ihre Goldreserven an die Reichsbank abliefern, die Bayerische und die Württembergische Notenbank wurden liquidiert.

Die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert stellt eine weitere Zäsur in der Geschichte des deutschen Geldwesens dar. In Deutschland herrschte im 19. Jahrhundert auf dem Gebiete des Privatrechts (des bürgerlichen Rechts) eine Rechtszersplitterung, die der üblichen Partikularisierung in Deutschland entsprach. Nebeneinander galten französisches, preußisches, bayerisches, sächsisches, österreichisches, dänisches und römisches Recht, ein Zustand, der für die wirtschaftliche Entwicklung und für Handel und Wandel unerträglich wurde. Ein einheitliches deutsches Privatrecht stand auf der Tagesordnung und wurde mit dem bis heute gültigen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geschaffen, das am 1. Januar 1900 in Kraft trat. In demselben Jahr wurde auch das Hypothekenbankgesetz (HBG) erlassen. Die erste deutsche Hypothekenbank war am 8. Dezember 1862 in Frankfurt am Main gegründet worden (Frankfurter Hypothekenbank). Zahlreiche weitere Hypothekenbanken entstanden, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts existierten im Deutschen Reich etwa vierzig dieser Spe-zialbanken, sie brauchten also einen rechtlichen Rahmen für ihre Tätigkeit, der ebenfalls bis heute gültig ist. Mit dem HBG wurden die Kreditgeschäfte der Hypothekenbanken auf den Boden- und Staatskredit beschränkt.

Zurückgeblieben war Deutschland auf dem Gebiet des Scheckverkehrs. Während der Scheck in England und Amerika sich längst durchgesetzt hatte, wird er im Deutschland des 19. Jahrhunderts ignoriert oder gar verboten. Erst 1908 wird ein Scheckgesetz erlassen und der Postscheckverkehr eingeführt. Die ersten Giroverbände entstehen. Deutschland ist im Zeitalter des massenhaften bargeldlosen Zahlungsverkehrs angekommen.

Der Beginn des Ersten Weltkriegs bedeutet zumindest für die kriegführenden Parteien das Ende der Goldwährung. Die am Krieg beteiligten Staaten heben die Pflicht auf, Banknoten gegen Gold einzulösen. »Die Deckungsvorschriften der Reichsbank wurden dahin gelockert, daß als Grundlage der Notenausgabe auch Zahlungsversprechen des Reiches genügten«, schreibt Herbert Rittmann in »Auf Heller und Pfennig«. Weiter heißt es bei ihm: »Bei der Reichsbank wurden Darlehenskassen gegründet, die ungedecktes Papiergeld kleiner Nominale ausgaben ...« Hundert Darlehenskassen sind es, die die sogenannten Darlehenskassenscheine ausgeben und damit den Notenumlauf aufblähen. Außerdem finanziert Deutschland seine Kriegsführung durch insgesamt neun Kriegsanleihen. Weil das Metall einerseits für Kriegszwecke benötigt und andererseits gehortet wurde, werden alsbald die Gold- und rasch auch die Silbermünzen knapp. Die Bevölkerung wird aufgerufen, das Edelmetall gegen eiserne Gedenkmedaillen zu tauschen. Schließlich fehlt sogar für die Münzen aus Nickel und Kupfer das Material, so daß Eisen und Aluminium es ersetzen müssen. An vielen Orten wird Notgeld herausgegeben. 1918 ist der Krieg verloren. Er endet auch in finanzieller (und gesamtvolkswirtschaftlicher) Hinsicht mit einem totalen Fiasko, auch weil er von Anfang an und in zu hohem Maße durch Pump und erst viel zu spät obendrein durch Steuern finanziert worden war. Auf 100 Milliarden Reichsmark belaufen sich die Kriegsanleihen, für 30 Milliarden wurden Darlehenskassenscheine ausgegeben, Schatzanweisungen über mehr als 50 Milliarden und Auslandsanleihen tun ein übriges, so daß der Kriegsverlierer Deutschland auf einem gigantischen Schuldenberg sitzt. Damit nicht genug, muß die junge Republik von Weimar auch noch Reparationen an die Siegermächte zahlen, wie es der Versailler Vertrag und die Folgekonferenzen 1920/21 bestimmen.

Der Goldstandard ist erst einmal passe obwohl die 1920 in Brüssel tagende Währungskonferenz des Völkerbundes mit einer Wiedereinführung liebäugelt. Statt Gold heißt nun Kredit das Zauberwort. Bereits 1920 werden sechzig Prozent des Haushaltes der Weimarer Republik kreditfinanziert. Aber auch in den anderen Industrienationen gibt es inflationäre Prozesse. Allein die USA gehen gestärkt aus dem Ersten Weltkrieg hervor. Für die Vereinigten Staaten beginnt die weltgeschichtliche Rolle der führenden Finanznation, die sie bis heute spielen. Im Jahre 1921 tagt die Reparationskonferenz in Paris. Deutschland wird verpflichtet, 132 Milliarden Goldmark an Reparationen zu zahlen. Der Zins für die Tilgung wird mit sechs Prozent per annum festgesetzt. Die Alliierten besetzen Duisburg und Düsseldorf und fordern die Reichsregierung ultimativ zur Zahlung auf (sogenanntes Londoner Ultimatum). Reichskanzler Wirth bleibt nichts übrig, als sich dem Ultimatum zu beugen. Die erste Milliarde geht an die Siegermächte. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Stimmung innerhalb des Reichs. Nachdem die sogenannte Erzbergersche Finanzreform Deutschland ein einheitliches Netz von Finanzämtern, aber auch neue Steuern gebracht hat, wird der Reichsfinanzminster Matthias Erzberger am 26. August 1921 von rechtsextremistischen Offizieren ermordet; übrigens wird in demselben Jahr Adolf Hitler Vorsitzender der NSDAP.

Der Verfall der deutschen Währung hat bereits während des Krieges begonnen. Er setzt sich in den ersten Nachkriegsjahren fort und führt auch unter dem Einfluß der exorbitanten Reparationsforderungen 1922/23 zum Super-GAU.

Im Jahre 1922 beginnt eine bis dahin beispiellose Hyperinflation, die 1923 geradezu gigantische Ausmaße annimmt: Ab dem 20. November, auf dem Höhepunkt der Inflation, kostet ein US-Dollar 4,2 Billionen Mark. Geld wird wie die Tageszeitung auf Rotationspressen gedruckt. Wie schon zu Kriegszeiten werden die Gold- und Silbermünzen gehortet. Währungsspekulanten machen ihren Schnitt. Die kleinen Sparer aber verlieren ihre Einlagen, der Mittelstand macht auf breiter Front Bankrott. Die schlimmste Folge jedoch: Kaum haben die Deutschen ein halbwegs demokratisches Regime etabliert, schwindet angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage das bescheidene Vertrauen in die Demokratie schon wieder.

1923 wird die Reichsregierung unter Gustav Stresemann zu Maßnahmen ermächtigt, die über die verfassungsmäßigen Rechte hinausgehen. Hjalmar Schacht wird Reichsbankpräsident und Reichskommissar für Währungsangelegenheiten. Am 1. November 1923 wird zugleich mit der Gründung der Deutschen Rentenbank eine Interimswährung eingeführt: die Rentenmark. Eine Rentenmark entspricht einer Billion Mark in Papiergeld. Die Inflation ist beendet. Am 11. Oktober 1924 hat die Rentenmark ausgedient. Auf Betreiben des Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht wird die Goldwährung wieder eingeführt, um das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte wiederzugewinnen.

Allerdings handelt es sich um eine Goldwährung ohne Einlösepflicht durch die Reichsbank, also nur um etwas Halbes. 1925 ist die Währungsreform abgeschlossen, die neue Reichsmark ist eingeführt. Zwei Jahre später folgt der erste Schwarze Freitag. Nach Interventionsmaßnahmen der Reichsbank kommt es am Freitag, dem 13. Mai 1927, zu einem Börsenkrach. Er ist der Vorbote eines Börsenkrachs mit fast apokalyptischen Folgen. Am 29. Oktober 1929, ebenfalls einem Freitag, beginnt mit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse eine Weltwirtschaftskrise mit katastrophalen ökonomischen und sozialen Folgen, die allen vor Augen führt, wie eng die Volkswirtschaften der Industrieländer bereits miteinander verflochten sind. Unternehmens- und Bankzusammenbrüche, eine exorbitant hohe Massenarbeitslosigkeit, Hunger, Verelendung und politische Krisen bestimmen die Folgejahre insbesondere in Deutschland. 1930 beginnt die Notverordnungspolitik des Reichspräsidenten von Hindenburg und der Reichsregierungen nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung. Eine Devisenzwangsbewirtschaftung soll die massive Kapitalflucht verhindern. 1931 löst England das Pfund Sterling vom Goldstandard, 1933 folgen die Vereinigten Staaten dem britischen Beispiel. Am 31. Januar 1933 ergreifen in Deutschland die Nationalsozialisten die Macht. Sie führen eine neue Fünfmarkmünze ein, deren Größennorm sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR Bestand hatte und bis heute gilt. Das Dreimarkstück, das nach der Jahrhundertwende für den Vereinstaler eingeführt worden war, wird zum 31. Dezember 1934 aus dem Verkehr gezogen. 1934 stellt das Reich die Reparationszahlungen ein. Die nationalsozialistische Regierung sichert sich mit einer Vielzahl von Gesetzen die Kontrolle über die deutsche Kreditwirtschaft, ohne zum Mittel der Verstaatlichung greifen zu müssen. 1935 werden die letzten vier Privatnotenbanken liquidiert oder in normale Geschäftsbanken umgewandelt; mithin hat nunmehr die Reichsbank das Notenausgabemonopol. Im Jahre 1936 werden die deutschen Silbermünzen mit dem Hakenkreuzadler versehen, und die Kriegsvorbereitung beginnt allerorten. Die Kreditaufnahme zur Finanzierung des kommenden Krieges steigt so sehr, daß zur Verhütung einer Inflation ein Lohn- und Preisstopp erlassen wird. Die Unabhängigkeit der Reichsbank von der Reichsregierung wird 1937 aufgehoben, zugleich wird mit der Herstellung von Notfallgeld in Gestalt von Noten zu einer und zu zwei Rentenmark begonnen. Ebenfalls 1937 tritt Schacht als Reichsbankpräsident zurück. Ab 1938 begibt die Reichsregierung zur Kriegsfinanzierung vier Anleihen. Die Hypothekenbanken dürfen nur noch für Zwecke, die im Interesse des Reiches liegen, Kredite vergeben. Grund dieser Maßnahme ist, Kapital möglichst konzentriert zu halten. 1939 kommt es zu erheblichen Differenzen zwischen der Reichsbank und der Regierung, weil sich die Regierung weigert, bestimmte Wechsel (Mefo-Wechsel) über zwei Milliarden Mark einzulösen. Daraufhin tritt fast das gesamte Reichsbankdirektorium zurück. Wie es in Kriegszeiten häufig geschieht, wird das Metall der Münzen für Kriegszwecke benötigt, so daß 1940 mit dem Einziehen der Geldstücke zu einer Mark und zu fünfzig Pfennigen begonnen wird. Sie bestehen aus Nickel, Nickel wird im Krieg dringend gebraucht. Statt des bisherigen wird ein Fünfziger als Aluminium in Umlauf gebracht, der bereits vor dem Krieg hergestellt worden war. Die Markstücke werden durch Papiergeld (Rentenmarkscheine) ersetzt. Schließlich wird auch das Kupfer knapp. Die Münzen zum Nennwert von einem, zwei, fünf und zehn Reichspfennigen (RPf) werden aus Zink geprägt.

Die nationalsozialistische deutsche Regierung unter Kanzler Hitler hat aus den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges gelernt. Es werden keine Kriegsanleihen für jedermann begeben, sondern die Kaufkraft der Bevölkerung wird auf raffiniertere Weise abgeschöpft. Das 1941 eingeführte Eiserne Sparkonto, das Forcieren von Sparkampagnen (der Nationale Spartag am 30. Oktober, den es allerdings schon seit 1924 gab) sowie durch Warenknappheit, Propaganda und Steuerfreiheit beschleunigtes Zwangssparen geben der Regierung Gelegenheit, sich der Geldmittel der Bevölkerung für den Krieg zu bedienen. Dem zu Kriegszeiten üblichen Mangel an Kleingeldmünzen wird 1943 durch die Ausgabe eines Fünfmarkscheines begegnet. Übrigens zeigen die Münzen aus der NS-Zeit zwar das Hakenkreuz, aber nie ein Konterfei Hitlers. Das hat jedoch nichts mit Bescheidenheit zu tun, wie die Briefmarken beweisen, sondern eher mit Verblendung. Im Jahre 1942, als es noch Erfolge von allen Fronten zu melden gab, stellte die Reichsbank Proben eines Geldstückes zum Nennwert von fünf Reichsmark her, die ein Kopfbild Hitlers zeigten. Der »Gröfaz« (Größter Feldherr aller Zeiten) ist nicht abgeneigt, entscheidet aber, daß Münzen mit seinem Kopfbild erst nach dem Endsieg in Umlauf kommen sollen. Sie sind dem deutschen Volk erspart geblieben.

Als sich nach der Schlacht von Stalingrad und der verlustreichen Landung der Westalliierten in der Normandie die Lage für alle Kriegsparteien zu wenden beginnt, setzen nicht nur bei den Alliierten, sondern bei den Vereinten Nationen Bestrebungen ein, neben der politischen Landkarte auch die Finanzwelt für Friedenszeiten neu zu ordnen. Im Juli 1944 findet daher in der Kleinstadt Bret-ton Woods (US-Bundesstaat New Hampshire) eine Weltwährungskonferenz statt, an der vierundvierzig Staaten teilnehmen. Für die Nachkriegszeit werden drei zukunftsentscheidende Übereinkommen getroffen. Zum einen wird ein System fester Wechselkurse für die Währungen eingeführt, zum zweiten wird die sogenannte Golddollar-Parität eingeführt (Bretton-Woods-Abkommen). Diese beiden Festlegungen haben heute nur noch historische Bedeutung. Der dritte Beschluß der Konferenz jedoch, die Gründung des Internationalen Währungsfonds, hat Auswirkungen bis in die Gegenwart.

Kurz vor Kriegsende kommt es in einigen deutschen Städten und Regionen noch zu Notgeldausgaben. Im Prinzip jedoch ist das deutsche Geld- und Kreditwesen 1945 nicht nur im Chaos versunken, es existiert nicht mehr. Die Wirtschaft, wenn man überhaupt davon sprechen kann, befindet sich auf dem anachronistischen Niveau der Naturalwirtschaft. In nahezu jeder Beziehung, also auch in geldlicher, heißt die Folge des faschistischen Krieges: Steinzeit.

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