Home | Finanzlexikon | Börsenlexikon | Banklexikon | Lexikon der BWL | Überblick
Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
Suche :        
   A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   X   Y   Z   

Input-Output-Bilanzen

1. Umweltbezogene Bilanzierung Grundidee umweltbezogener Bilanzen ist es, die Umweltwirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten darzustellen und zu bewerten. Zu unterscheiden sind Wirkungen durch die Entnahme von Stoffen aus der Natur (Input) und die Abgabe von marktfähigen Produkten sowie nicht gewolltem Output an die Natur. Die Umweltwirkungen lassen sich eigentlich nur an den Immissionen - Eintrag von Stoffen in die Natur feststellen. Für einen immissionsorientierten Ansatz ergeben sich aber unüberwindliche Meß- und Zuordnungsprobleme von Umweltschäden zu den Quellen der Schädigung. Ersatzweise wird daher auf die Messung des In- und Output des Wirtschaftens zurückgegriffen. Es liegt nahe, den gesamten Input und Output eines Betriebes in einer Periode in Form einer Bilanz gegenüberzustellen. Input-Output-Bilanzen (IOB) sind damit Flußbilanzen. Dieser Bilanzbegriff weicht von dem der kaufmännischen Bilanz ab, in der Bestände eines Stichtages gegenübergestellt werden. In der Literatur zur Darstellung umweltbezogener Wirkungen des Wirtschaftens lassen sich drei Formen unterscheiden, von denen die beiden ersten aufeinander aufbauende Stufen ökologischer Bilanzierung sind: Bei der ersten Form werden die Input- und Outputströme in der IOB dargestellt. Die IOB wird häufig auch als Stoff- und Energiebilanz (SEB) oder als Sachbilanz bezeichnet. Die theoretische Konzeption dieser Bilanzierung stammt aus der Naturwissenschaft. Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik gehen in geschlossenen Systemen durch Transformationsprozeße weder Masse noch Energie verloren, d. h. Input und Output entsprechen sich inhaltlich, nur die Erscheinungsformen wandeln sich. IOB übertragen dieses Prinzip der inhaltlichen Entsprechung auf alle Arten von Input und Output von Transformationsprozeßen. Diese Form der Darstellung von Umweltwirkungen erfaßt grundsätzlich unbewertete Mengen; alle Mengen sind dimensionsverschieden. Aufbauend auf den Mengengrößen der IOB kann eine ökologische Bewertung angestrebt werden. Dieser Schritt ist mit dem Übergang von der Produktions- zur Kostentheorie in der Betriebswirtschaftslehre vergleichbar. Sinn der Bewertung ist es einmal, die dimensionsverschiedenen Größen zu vereinheitlichen (Verrechnungsfunktion der Bewertung). Aufbauend auf der Bewertung des Inputs und Outputs wird zudem eine ökologische Steuerung (ökologisches Controlling) der Transformationsprozeße nach ökologischen Zielen angestrebt (Lenkungsfunktion der Bewertung). Formen der Bilanzierung von ökologischen Wirkungen, die sich mit der Verrechnungs- und Lenkungsfunktion beschäftigen, werden als Ökobilanzen bezeichnet. Es gibt aber kein allgemein anerkanntes Konstruktionsprinzip für Ökobilanzen, da keine unumstrittene Methode zur Ableitung geeigneter Wertansätze existiert. Beispielsweise kann die Verdichtung auf Basis ökonomischer oder ökologischer Bewertungsansätze (ökologische Buchführung) angestrebt werden. Weil es aber an konsensfähigen Wertansätzen fehlt, beschränkt sich die ökologische Bilanzierung häufig auf die Analyse von Einzelaspekten oder versucht eine verbale Beschreibung der übergreifenden ökologischen Wirkungen, wie es z. B. das Konzept des Umweltbundesamtes vorsieht. Häufig gehen Unternehmen dazu über, im Anhang zum Jahresabschluß ihre sozialen und ökologischen Aktivitäten in verbaler Form darzulegen. Hierbei handelt es sich in erster Linie um ein Instrument zur Außendarstellung und nicht um eines des Controlling. Diese Darstellungsform ökologischer Wirkungen wird häufig als Umweltbilanz bezeichnet. Im weiteren wird nur auf jene Ansätze näher eingegangen, die dem Öko-Controlling dienen. Bilanzierungsformen, die als Basis für ein Öko-Controlling genügen, sollten folgenden Anforderungen genügen: Vollständigkeit: Idealerweise sollte die Bilanz alle ökologischen Wirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten abbilden. Der hohe Erfassungsaufwand und die auftretenden Meßprobleme lassen es aber realistisch erscheinen, nur ausgewählte Stoff- und Energieflüsse abzubilden, die mit besonders negativen ökologischen Wirkungen verbunden sind. Stabilität im Zeitablauf: Um die Positionen der Bilanzen im Zeitablauf miteinander vergleichen zu können, sollte das Gliederungsprinzip und die Erfassungsmethodik von In-und Output zeitstabil sein. Diese Forderung erscheint aber angesichts verbesserter chemisch-physikalischer Meßmethoden und der Entwicklung neuer Stoffe unrealistisch. Transparenz: Die Daten und die Vorgehensweise zur Erstellung der Bilanzen sind offenzulegen, um Akzeptanz zu erreichen. Abbildung der Wirkungszusammenhänge: Für ein ökologisches Controlling ist es erforderlich, die Wirkungszusammenhänge zwischen Input und Output in Form einer ökologischen Produktionsfunktion zu erfassen, d. h. es muß erkennbar sein, durch welche Parameter wirtschaftlichen Handelns auf Input und Output eingewirkt werden kann. Erst bei Kenntnis dieser Abhängigkeiten ist eine gezielte ökologische Planung möglich. Gegen diese Forderung verstößt die IOB grundsätzlich, denn sie stellt nur Input und Output, nicht aber den Wirkungszusammenhang dar. In diesem grundsätzlichen Mangel kommt bereits der sehr eingeschränkte Wert der IOB für ein Öko-Controlling zum Ausdruck. Nutzen müssen gegeneinander abgewogen werden. Da mit der Genauigkeit und dem Detaillierungsgrad der Bilanzen die Kosten für die Erfassung der Daten steigen, ist ein wirtschaftlich vertretbarer Genauigkeitsgrad anzustreben. Der Nutzen der ökologischen Bilanzierung hängt davon ab, für welche Zwecke diese Informationen eingesetzt werden können. 2. Aufgaben von Input-Output-Bilanzen Eine IOB kann grundsätzlich für folgende Zwecke eingesetzt werden: Zur Beurteilung der ökologischen Leistungsfähigkeit können in Anlehnung an die Produktivitäts- und Wirtschaftlichkeitsmessung Kennzahlen wie: • Wirtschaftlichkeit: Die ökologische Bilanzierung kann kein Selbstzweck sein. Kosten und Ökologische Produktivität =Output Input gebildet werden. Derartige Kennziffern können für eine Operationalisierung der input- und outputbezogenen Forderungen des -Sustainable Development benutzt werden. Die aus der IOB abgeleiteten Kennziffern können auch zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt werden, wenn diese Kennziffern für alternative Technologien bekannt sind. Die Kennziffern können dann im Sinne von Benchmarks für die Anregung von Investitionsvorhaben dienen. Derartige Benchmarks können auch für die Formulierung ökologischer Ziele herangezogen werden. Über eine ABC-Analyse können auch Schwachstellen für die ökologische Schwerpunktbildung herausgearbeitet werden. Dazu ist es aber in der Regel erforderlich, die Informationen der IOB zu disaggregieren. Zum Beispiel ist eine bestimmte Emission maschinenbezogen zu erfassen, um erkennen zu können, durch welche der Maschinen z. B. 80 % der Emissionen verursacht werden. Die Ableitung von Kennzahlen aus der IOB bereitet Probleme, da sowohl die Inputgrößen als auch die Outputgrößen dimensionsverschieden sind. Es können deshalb nur Teilproduktivitäten „Ausbringungsmenge zu Einsatzmenge bestimmter Materialien“ oder „Ausbringungsmenge zu Ausstoßmenge spezieller Emissionen“ gebildet werden. Zudem ergeben sich bei der Zuordnung von Input und Output Probleme, wenn es sich um hoch aggregierte Bilanzformen wie z. B. Bilanzen für das gesamte Unternehmen handelt. Der für eine bestimmte Ausbringungsmenge erforderliche Faktoreinsatz läßt sich aus der verdichteten Bilanz nicht erkennen. Dazu müßten die Informationen nach einzelnen Produktionsprozessen disaggregiert werden. Die skizzierten Kennziffern sind für ein internes Controlling unzureichend, da die IOB die Wirkungszusammenhänge zwischen Input und Output nicht aufdeckt. Die Kennzahlen sind Durchschnittsgrößen; aus ihnen ist nicht zu erkennen, wie sich Input oder Output verändert, wenn die Einstellung bestimmter Prozeßparameter verändert wird. Zum Beispiel läßt sich die ökologische Wirkung einer verbesserten Temperaturführung in einem Verbrennungsprozeß aus diesen Kennzahlen nicht ableiten. Die Kennziffern sind damit für diese Art ökologischer Steuerung unbrauchbar. Ein Vergleich dieser Kennziffern zwischen Betrieben oder verschiedenen Zeiträumen kann allerdings ökologisch vor- oder nachteilige Entwicklungen aufdecken. Bei diesen Vergleichen ist jedoch Vorsicht geboten. Zum Beispiel können sich von einer zur anderen Periode „ökologische Nachteile“ zeigen, die nicht in der Struktur der Produktionsprozesse, sondern in der Art der Messung des nicht gewollten ökologischen Output bestehen. Werden Produktionsabfälle in Behältern zwischengelagert, die nur im Mehrjahresrhythmus geleert werden, erscheint der nicht gewollte Output in der IOB je nach Meßmethode u. U. nicht im Entstehungsjahr, sondern erst in dem Jahr, in dem der Behälter geleert wird. Als Folge ergeben sich in den Kennzahlen Verzerrungseffekte, weil Input und Output nicht periodengerecht ermittelt wurden. Die Informationen einer IOB oder die Kennziffern können außer zu innerbetrieblichen Steuerungszwecken auch für die außerbetriebliche Informations- und -Kommunikationspolitik eingesetzt werden. Beispielsweise können sie benutzt werden, um bei Endverbrauchern ökologische Präferenzen für das Unternehmen oder dessen Produkte zu gewinnen. Auch der Umgang mit Behörden, Nachbarn, Umweltverbänden kann durch die objektivierten Umweltwirkungen erleichtert werden, was zu einer verbesserten Akzeptanz führt. 3. Aufbau von Input-Output-Bilanzen IOB stellen den gesamten Input eines Zeitraums dem gesamten Output gegenüber. Bilanzierungsobjekt kann ein ganzes Unternehmen, ein einzelner Betrieb des Unternehmens, ein Produkt oder ein bestimmter Produktionsprozeß sein. Mithin ist zwischen hoch- und niedrigaggregierten IOB zu unterscheiden. Die Inputseite wird nach stofflichen und energetischen Inputs gegliedert, während auf der Outputseite zwischen erwünschtem und unerwünschtem Output unterschieden wird. Eine grobe, exemplarische Gliederung zeigt folgendes Beispiel. Die Unterteilung beider Seiten der Bilanz kann beliebig verfeinert werden. IOB fußen wie bereits erwähnt auf dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik, demzufolge Masse und -Energie in einem abgeschlossenen System konstant sind. Wird der Betrieb als abgeschlossenes System aufgefaßt, müssen sich Input und Output von Stoffen und Energien bei stationärer Sicht entsprechen. Eine Bilanz, die auf der Inputseite diejenigen Stoffe und Energien erfaßt, die in einer Periode in die Produktionsprozesse eingehen, und auf der Outputseite alle Produktoutputs und Emissionen aufführt, die im gleichen Zeitraum entstehen, ist aus thermodynamischer Sicht stets ausgeglichen. IOB folgen damit dem physikalischen Bilanzprinzip. Sie streben grundsätzlich eine vollständige Abbildung von Input und Output an. Das Prinzip der inhaltlichen Entsprechung von Input und Output gilt allerdings nur bei stationärer Sicht. Diese Entsprechung muß sich nicht ergeben, wenn der gesamte Input einer Periode und der gesamte Output des gleichen Zeitraums gegenübergestellt werden. Innerhalb dieses Zeitraums geht die IOB aus thermodynamischer Sicht nicht auf, wenn nicht der gesamte Input im gleichen Zeitraum zu Output geführt hat. Erfaßt das Unternehmen in der IOB nur marktfähige Produkte, nicht aber auch alle Formen von Halbfabrikaten, kann es zwischen Input und Output keine Entsprechung geben, weil der Input für die Halbfabrikate in der Bilanz erscheint, nicht aber der Output. IOB verstoßen daher in der Regel in zeitlicher Hinsicht gegen die Voraussetzung der Geschlossenheit, wenn nicht auch die im Produktionsprozeß steckenden Güter erfaßt werden. Das Ausmaß dieses Verstoßes hängt von der Zeitdauer der Produktionsprozesse ab. Für Produktionen mit kurzen Durchlaufzeiten ergeben sich daraus kaum nennenswerte Verzerrungen, wohl aber bei Produktionen mit mehrjährigen Durchlaufzeiten. 4. Formen von Input-Output-Bilanzen IOB können nach dem Grad des Aggregationszustandes für unterschiedliche Bezugsobjekte aufgestellt werden. Sie können nach zeitlichen Aspekten und nach dem Grad der Vollständigkeit differenziert werden. Zudem können sie sich auf unterschiedliche Fertigungstiefen beziehen. Nach dem Aggregationszustand kann zwischen Prozeß-, Produkt-, Betriebs- und Unternehmensbilanzen unterschieden werden. Aus volkswirtschaftlicher Sicht können IOB für Regionen oder ganze Volkswirtschaften aufgestellt werden. Prozeßbezogene IOB stellen den In- und Output für bestimmte Produktionsschritte von Produkten dar. Werden alle Prozesse zusammengefaßt, die sich auf ein Produkt beziehen, entsteht eine produktbezogene IOB. Bei einer betriebsbezogenen IOB wird der In- und Output aller Produkte aggregiert, die in einer Betriebsstätte gefertigt werden usw. Aus prozeß- und produktbezogenen IOB lassen sich noch sinnvoll Kennziffern ableiten, weil sich Input und Output direkt aufeinander beziehen. Der Bezug zwischen Input und Output geht allerdings mit zunehmender Aggregation der Daten verloren. Produktbezogene IOB können nach der erfaßten Wertschöpfungstiefe unterschieden werden. Es können einzelne Stufen der Wertschöpfung ohne die Wirkungen in vor-und nachgelagerten Stufen dargestellt werden. Es kann aber auch versucht werden, die ganze Kette von der Urproduktion bis zur Entsorgung (cradle to grave-Ansatz) abzubilden. Formal kann in diesem Ansatz eine Kern- von einer Komplementärbilanz unterschieden werden. Die Kernbilanz erfaßt die Wirkungen in einer bestimmten Produktionsstufe z. B. der Automontage, während die ökologischen Wirkungen in vor- und nachgelagerten Stufen in der Komplementärbilanz abgebildet werden. Ein stufenübergreifender Ansatz ist mit zwei Problemen verbunden. Entstehen aus dem Recycling von Altprodukten Sekundärstoffe, ist das entlastend beim Input zu berücksichtigen, wenn die Umweltwirkungen korrekt beurteilt werden sollen. Bei einer Kaskade von Wiederverwendungen ist der Entlastungseffekt aber schwer einzuschätzen. Ein zweites Problem entsteht, wenn in einzelnen Stufen Kuppelproduktion vorliegt. Bei der Produktion von Eisen fällt bspw. neben Eisen verwendbare Schlacke an. Es läßt sich dann keine logisch begründbare Aufteilung der mit der Eisenproduktion verbundenen Emissionen auf die beiden Produkte Schlacke und Eisen angeben. Hier liegt die gleiche Problemstruktur vor wie bei der „verursachungsgerechten“ Verteilung von Gemeinkosten in der Kostenrechnung. Beide Probleme sind grundsätzlich logisch unlösbar. Damit aber läßt sich für ein Auto nicht begründen, mit welcher ökologischen Belastung dieses Produkt in allen Wertschöpfungsstufen zusammen verbunden ist. Jeder Ausweis einer bestimmten Belastung ist reine Willkür. Eine weitere Differenzierung bezieht sich auf die Vollständigkeit der erfaßten Wirkungen. Da erhebliche Messungsprobleme bei der Erfassung von Emissionen - z. B. Abwärme über Wände und Decken - bestehen und andererseits bestimmte Formen von gewolltem oder ungewolltem Output umweltpolitisch weitgehend unbedenklich sind, können IOB auf die umweltpolitisch bedenklichen Input- und Outputgrößen beschränkt sein. IOB bilden den kumulierten Input und Output eines bestimmten Zeitraums ab, sie geben aber keine Informationen über deren zeitliche Struktur. Insgesamt über ein Jahr gesehen können dann bestimmte Emissionen unter den Grenzwerten liegen, dennoch kann es in bestimmten Zeiträumen zu bedenklichen Spitzenwerten kommen. Um derartige Erscheinungen in den Griff zu bekommen, muß versucht werden, den Zeitablauf mit in die Abbildung der Umweltwirkungen zu integrieren. Abzuleiten sind dann Input- und Outputfunktionen der Zeit. Eine einfache IOB kann diese Aufgabe grundsätzlich nicht bewältigen. 5. Probleme von Input-Output-Bilanzen IOB sind mit vier generellen Problembereichen verbunden, die bei allen Darstellungsformen von Input- und Output gelten: 1. Die IOB bildet die Wirkungszusammenhänge zwischen Input und Output nicht ab. Damit kann sie kein Instrument zur ökologischen Gestaltung der innerbetrieblichen Prozesse sein. Es bleibt unklar, durch welche innerbetrieblichen Maßnahmen positive ökologische Wirkungen auf Input und Output zu erzielen sind. IOB können nicht transparent machen, wie Input und Output auf veränderte Produktionsmengen reagieren oder welcher Einfluß von veränderten Parametern zur Prozeßführung (z. B. Temperaturführung in Verbrennungsprozessen) ausgeht. Die ermittelten Kennziffern sind lediglich Durchschnittswerte. Für eine ökologische Steuerung wären aber Veränderungswerte erforderlich. Die IOB müßten für diesen Zweck zu einer ökologischen Produktionstheorie erweitert werden. Für die Erklärung des Zusammenhanges zwischen gewolltem Output und dem Input kann dazu auf die betriebswirtschaftliche Produktionstheorie zurückgegriffen werden. Zudem müßten die Emissionen als Funktionen der Variablen der Prozesse (Menge, Leistung, Prozeßparameter) erklärt werden. Abzuleiten sind daher Produktionskoeffizienten - Input je Mengeneinheit, Emissionen je Outputeinheit - als Funktion der Variablen. Es müßte folglich gezeigt werden, zu welchen Emissionen es pro Mengeneinheit kommt, wenn ein Produktionsprozeß mit bestimmter Leistung gefahren wird. Sind die Wirkungszusammenhänge bekannt, ist zu erkennen, welcher Faktorverbrauch und welche Emissionen fix sind - also von der Betriebsbereitschaft abhängen - und welche auf das Volumen der Produktionsprozesse zurückgehen (variable Wirkungen). Ökologische Wirkungen sind dabei in der Regel nicht streng funktional, sie enthalten meistens eine Zufallskomponente. Beispielsweise ist einer bestimmten Produktionsmenge und Leistung kein eindeutiger Wert einer Emission zuzuordnen, weil die Produktionsprozesse technisch nicht voll beherrscht werden. Es gibt daher Streuungen um die zu bestimmenden Mittelwerte der Produktionskoeffizienten. 2. IOB gehen davon aus, daß umweltrelevante Wirkungen nur durch den Input und Output von Produktionsprozessen i. w. S. entstehen. Dieser Ansatz berücksichtigt nicht, daß auch mit Beständen ein Umweltverbrauch verbunden sein kann. Hierbei kann es sich um Bestände an Inputfaktoren (Grundstükke, Gebäude, Rohstoffe) aber auch an Output (Halbfabrikate, Lagerbestände ungewollten Outputs) handeln. Bestände sind in zweifacher Hinsicht ökologisch relevant: Zum einen sind Betriebsflächen (bebaut, versiegelt oder unversiegelt) als Umweltverbrauch aufzufassen, andererseits können Lagerbestände an gefährlichen Inputfaktoren oder eingelagerten Reststoffen ein Gefährdungspotential für die Umwelt darstellen. Diese Belastungen bzw. Gefährdungen erscheinen in einer allein auf Flußgrößen aufgebauten IOB nicht. Aus diesem Grunde wird in der Praxis auch häufiger vom reinen Flußprinzip abgewichen und es werden ergänzend Bestandsgrößen in die IOB integriert, um einen vollständigen Überblick über die mit den wirtschaftlichen Aktivitäten verbundenen Belastungen und Risiken zu haben. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik gilt nur für geschlossene Systeme. Ein Produktionsbetrieb ist aber niemals geschlossen, da Austauschbeziehungen zu Umsystemen (Natur, Märkte) unterhalten werden. Die Geschlossenheit kann daher nur meßtechnisch simuliert werden, indem alle Stoff- und Energieströme, die in den Betrieb hinein- und aus ihm herausfließen, erfaßt und gegenübergestellt werden. Meßtechnische Probleme führen aber dazu, daß nicht jede Form von Austauschbeziehungen erfaßt werden kann. Beispielsweise lassen sich der Luftverbrauch, der Wärmeverlust durch Wände oder die Emissionen durch Maschinen gar nicht oder nur sehr unvollkommen bestimmen. Damit aber stellt sich für eine IOB stets die Frage nach der Vollständigkeit bzw. der Ausgeglichenheit der Bilanz. Um das Gefährdungspotential durch Input und Output beurteilen zu können, müßten in einer IOB eigentlich die ausgetauschten Mengen chemischer Grundstoffe oder Verbindungen erfaßt werden. Dazu aber wäre es nötig, die Zusammensetzung der eingesetzten oder auch im Recycling zurückgewonnenen Stoffe zu kennen. Der erreichbare Informationsstand über die Beschaffenheit der Stoffe reicht für die Art der Bilanzierung aber meistens nicht aus. Ersatzweise wird dann im Input nur die Menge der verbrauchten oder im Recycling zurückgewonnenen Rohstoffmengen erfaßt, ohne deren Spezifikation zu nennen. Als Folge dieser datentechnischen Unzulänglichkeiten spiegelt eine IOB das von den wirtschaftlichen Aktivitäten ausgehende Gefährdungspotential der Umwelt nur sehr unzulänglich wider. Die skizzierten Informationsdefizite können durch bewußte Geheimhaltung von Rezepturen begründet sein; viel häufiger ist aber die Unkenntnis über die Zusammensetzung der Stoffe - bzw. Recyclate - für die Informationsdefizite verantwortlich. Den Informationsmängeln kann nur durch Deklaration der Inhaltsstoffe oder Komponenten entgegengewirkt werden. Die geschilderten Problembereiche zeigen, daß es sich bei einer IOB um ein sehr unvollkommenes, in mehrfacher Hinsicht verbesserungsbedürftiges Instrument des Öko-Controlling handelt. Weiterführende Literatur: Braunschweig, A.l Müller-Wenk, R.: Ökobilanzen für Unternehmungen. Eine Wegleitung für die Praxis, Bern/Stuttgart/Wien 1993; Böning, J. A.: Methoden betrieblicher Ökobilanzierung, Marburg 1994; Hallay, H. (Hrsg.): Die Ökobilanz. Ein betriebliches Informationssystem, Schriftenreihe des IÖW, 27/89, Berlin 1990; Hopfenbeck, W./ Jasch, C.: Öko-Controlling. Umdenken zahlt sich aus, Landsberg a. Lech 1993; Schmidt, M./ Schorb, A.: Stoffstromanalysen in Ökobilanzen und Öko-Audits, Berlin et al. 1995; Schellhorn, M.: Umweltrechnungslegung, Wiesbaden 1995; Umweltbundesamt (Hrsg.): Ökobilanzen für Produkte. Bedeutung. Sachstand. Perspektiven, Berlin 1992.



<< vorhergehender Fachbegriff
 
nächster Fachbegriff >>
Input-Output-Analyse
 
Input-Output-Modell
 
Weitere Begriffe : Bausparkassengesetz | Konsortialbank | Planrevision
 
Copyright © 2015 Wirtschaftslexikon.co
Banklexikon | Börsenlexikon | Nutzungsbestimmungen | Datenschutzbestimmungen | Impressum
All rights reserved.